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Über beiden Türen vom Kreuzgang zum Dom in Münster thront das Osterlamm mit der Siegesfahne: ein Bild für Christus, der von den Toten auferstanden ist und den Tod besiegt hat. Das Bild des auferstandenen Christus über der geöffneten Tür lässt uns an das Wort Jesu in der Offenbarung des Johannes denken: "Ich habe vor dir eine Tür geöffnet, die niemand mehr schließen kann" (Offb 3,8).
Gibt es in unserer Welt eine Tür zum Leben? Wir alle machen die Erfahrung der Vergänglichkeit. Der Psalm 49 bringt diese Erfahrung zum Ausdruck. Alle Menschen müssen sterben. Die Reichen, die sich auf ihren Besitz verlassen, müssen sterben, ebenso wie die Armen, die nichts haben, an das sie sich klammern könnten, als das nackte Leben. Den Klugen hilft ihre Klugheit nicht, einen Weg aus der Vergänglichkeit zu finden. Auch sie müssen sterben. Ebenso gehen Toren und Narren zugrunde. Ob Menschen auch Länder nach ihrem Namen benannten, am Ende stehen auch für sie der Tod und das Grab. Niemand kann sich vom Tod freikaufen: "Für das Leben ist jeder Kaufpreis zu hoch." Und: "Loskaufen kann keiner den anderen!"
Leben wir in einer geschlossenen Welt, die dem Tod verfallen ist und aus der kein Weg zum Leben führt? Wenn es so wäre, müsste der Psalm mit den Worten enden: "Aussichtslos! Hoffnungslos!" Doch in der Mitte dieses Psalms steht ein Wort der Hoffnung: "Gott wird mich loskaufen aus dem Reich des Todes, ja er nimmt mich auf."
Diese Hoffnung des Psalms findet Erfüllung durch Jesus Christus. Er ist von den Toten auferstanden und lebt. Er öffnet auch uns die Tür zum Leben: "Ich habe vor dir eine Tür geöffnet, die niemand mehr schließen kann."
Eine Ikone aus Russland zeigt Christus, den auferstandenen Herrn, wie er Adam und Eva an die Hand nimmt und sie aus dem Tod ins Leben führt. Hinter ihnen folgt eine unzählbare Schar von Menschen. Das Bild zeigt noch eine bemerkenswerte Einzelheit. Adam und Eva sind Schlüssel aus der Hand gefallen. Wie viele Schlüssel haben Menschen ausprobiert, um die Tür zum Leben zu öffnen!
Große Schlüssel, kleine Schlüssel, alte Schlüssel, neue Schlüssel! Selbst wenn es einen Generalschlüssel gäbe, der alle Türen in dieser Welt aufschließen könnte: Die Tür zum Leben vermag er nicht zu öffnen. Alle unsere Schlüssel passen nicht. Aber die Ikone zeigt uns: Wir brauchen diese Schlüssel nicht mehr. Christus hat die Tür geöffnet und führt uns zum Leben.
Wer glaubt, dass Christus uns die Tür zum Leben öffnet, ist bereit, auch seinerseits Türen zu öffnen. Für ungezählte ungeborene Kinder bleibt die Tür zum Leben verschlossen. Hören wir ihr Klopfen? Helfen wir, dass ihnen die Tür zum Leben geöffnet wird? Menschen in Not, Menschen, die Asyl und Heimat suchen, hoffen, dass sich ihnen eine Tür auftut. Manche Türen in der Ehe und Familie, zwischen Ehepartnern, zwischen Eltern und Kindern, zwischen der älteren und jüngeren Generation sind vielleicht durch Unaufmerksamkeit oder im Zorn zugeschlagen worden, weil man kein Vertrauen mehr zueinander hatte und sich nicht mehr verstand. Jesus, der von sich sagt: "Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden" (Joh 10,9), lädt uns ein, unsere Türen zu öffnen: Türen des Vertrauens und des gegenseitigen Verstehens, der Versöhnung und der Gemeinschaft, damit wir miteinander durch die Tür zum Leben gelangen, die er uns geöffnet hat.
Weitere Impulse zum Kirchenjahr...
Text: Bischof Reinhard Lettmann (+)
(aus dem Buch: Reinhard Lettmann: Quellen des Lebens - Meditationen.
Verlag Butzon&Bercker, Kevelaer, 1991)
Foto: Michael Bönte, Kirche+Leben